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Beantwortet
Autor Johannes Kindl am 07. September 2012
46624 Leser · 30 Stimmen (-0 / +30) · 1 Kommentar

Geldpolitik, Zinsen, Inflation

Unlimitierter Ankauf von Staatsanleihen durch die EZB

Sehr geehrtes Direktorium der Oesterreichischen Nationalbank,
Sehr geehrter Herr Professor Nowotny,

Heute wurde in der EZB beschlossen im erforderlichen Fall Staatsanleihen in unbeschränkter Höhe von Mitgliedsstaaten anzukaufen.

Die Deutsche Bundesbank hat als einzige dagegen gestimmt, weil nach Ansicht von Bundesbankchef Jens Weidmann die Grenze zur verbotenen Staatsfinanzierung durch die Notenpresse überschritten werde und durch die Interventionen verstoße die EZB zudem eindeutig gegen ihr Mandat, das sie allein der Wahrung der Geldwertstabilität verpflichtet sei.

Wie ist es möglich, dass entgegen den Bestimmungen des Europäischen Vertrages von diesen gesetzlichen Bestimmungen abgewichen werden kann. Hat die ÖNB damit den legalen Weg verlassen?

Ich freue mich über Ihre Antwort und verbleibe mit

freundlichen Grüßen
Hans Kindl

+30

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Antwort
von Univ.-Prof. Dr. Ewald Nowotny am 08. November 2012
Univ.-Prof. Dr. Ewald  Nowotny

Sehr geehrter Herr Kindl!

Staatsanleihenkäufe im Rahmen von „Outright Monetary Transactions“ (OMT) sind innerhalb des Mandats der Europäischen Zentralbank (EZB) und verstoßen nicht gegen die maßgeblichen europäischen Verträge. Dass manche Kommentatoren, etwa in Deutschland, diesbezüglich andere Meinungen vertreten, ist zu respektieren. Die Meinung des EZB-Rates – mit Ausnahme von Bundesbankpräsident Jens Weismann – ist jedoch, dass die EZB und damit auch die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) den legalen Weg nicht verlassen haben, sondern innerhalb des vertraglich vorgegebenen Mandats agieren.

Das OMT-Programm, im Rahmen dessen übrigens bislang noch keine Anleihen gekauft wurden, stellt keine verbotene direkte Staatsfinanzierung dar, denn Anleihen können ausschließlich am Sekundärmarkt gekauft werden. Zudem sind Anleihenkäufe über OMT nur möglich, sofern die Staaten an einem Stabilisierungsprogramm der European Financial Stability Facility (EFSF) bzw. des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) teilnehmen und die damit verbundenen, strengen wirtschaftlichen Auflagen auch einhalten.

Das OMT-Programm wurde vom EZB-Rat geschaffen, um exzessive Verwerfungen an den Anleihemärkten zu bekämpfen und das reibungslose Funktionieren des geldpolitischen Transmissionsmechanismus sicher- zustellen. Insofern würden Käufe auch nur getätigt werden, sofern dieser Transmissionsmechanismus gestört ist. Die Staatsanleihenkäufe wirken somit nicht inflationär, zudem können sie mit anderen geldpolitischen Instrumenten sterilisiert werden. Ich kann Ihnen jedenfalls versichern, dass das Eurosystem mit EZB und nationalen Zentralbanken auch weiterhin dem primären Ziel, der mittelfristigen Sicherung von Preisstabilität, verpflichtet bleiben.

Mit freundlichen Grüßen,

Ewald Nowotny

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