Sehr geehrter Herr Kramler!
Zunächst möchte ich den Begriff der Geldmenge aus ökonomischer Sicht präzisieren. In der ökonomischen Theorie versteht man unter Geldmenge den gesamten Bestand an Geld in einer Volkswirtschaft, der sich bei Nichtbanken befindet, Zentralstaaten ausgenommen. Das Eurosystem verwendet ein eng gefasstes (M1), ein mittleres (M2) und ein weit gefasstes Geldmengenaggregat (M3). Diese Aggregate unterscheiden sich voneinander hinsichtlich des Liquiditätsgrades der einbezogenen Vermögenswerte. Zur Frage der Geldmenge habe ich überdies auf dieser Plattform bereits mehrmals Stellung genommen, siehe etwa:
http://www.direktzu.at/oenb/messages/kredit-geldschoepfun.... Die Geldmenge M3 ist in den letzten vier Jahren im Durchschnitt moderat gestiegen, aber zwischenzeitlich auch leicht gefallen, siehe http://sdw.ecb.europa.eu/browseChart.do?node=2120793&... .
Selbstverständlich fließt eine Analyse der Geldmengenentwicklung in die geldpolitischen Entscheidungen der Europäischen Zentralbank (EZB, www.ecb.int) ein. Die geldpolitische Strategie des Eurosystems, deren oberstes Ziel die Gewährleistung von Preisstabilität ist, umfasst die wirtschaftliche und die monetäre Analyse (Zwei-Säulen-Modell). Während die wirtschaftliche Analyse die kurz- bis mittelfristigen Faktoren der Preisentwicklung bewertet, beruht die monetäre Analyse auf dem langfristigen Zusammenhang zwischen Geldmenge und Preisstabilität. Nähere Informationen zur geldpolitischen Strategie der EZB finden Sie unter folgendem Link:
http://www.oenb.at/de/geldp_volksw/geldpolitik/strategie/...
Sowohl bei der Vergabe von privaten Krediten, als auch bei der Verschuldung von Staaten gibt es Überlegungen hinsichtlich der Fähigkeit der Schuldner, ihre Kredite zu begleichen. Jeder Kreditgeber überprüft natürlich die Bonität seiner Schuldner im Vorfeld und wird auch Vorsorgen für etwaige Zahlungsausfälle treffen. Das Risiko eines Zahlungsausfalls hängt dabei nicht nur von der Kreditlast ab, sondern vielmehr vom Verhältnis zwischen Vermögen bzw. laufendem Einkommen und Verbindlichkeiten. Bei Privatkrediten ist der Zusammenhang offensichtlich: nicht die absolute Höhe des Kredits ist entscheidend, sondern vielmehr das Verhältnis zwischen dem für Rückzahlungen zur Verfügung stehenden Einkommen und der Höhe der Kreditbelastung. Dieses bestimmt im Einzelfall die maximale Tragfähigkeit der kreditnehmenden Person. Auch wird das Risiko notleidender Kredite genau beobachtet. In den regelmäßig von der OeNB veröffentlichten Finanzmarktstabilitätsberichten können Sie sich über den Prozentsatz der notleidenden Kredite informieren:
http://www.oenb.at/de/presse_pub/period_pub/finanzmarkt/f....
Gleiches gilt für die Staatsverschuldung: hier ist die Höhe der Staatseinnahmen in ein Verhältnis zur Staatsverschuldung zu setzen. Da die Staatseinnahmen wesentlich von der Höhe des erwirtschafteten Bruttoinlandsprodukts (BIP) einer Volkswirtschaft abhängen, hat sich das Verhältnis von BIP zur Staatsverschuldung als Kennzahl für die Nachhaltigkeit der öffentlichen Verschuldung etabliert. Dies wird etwa bei den Bonitätseinstufungen der Ratingagenturen berücksichtigt, die damit Auskunft über die Tragfähigkeit öffentlicher Verschuldung geben.
Mit freundlichen Grüßen
Ewald Nowotny
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