Sehr geehrter Herr Matschiner!
Um Ihre Frage nach der Funktionsweise des Geldes zu beantworten, möchte ich zunächst auf dessen Funktionen eingehen: Eine zentrale Funktion ist jene des Tauschmittels. Denn Geld ist in modernen Volkswirtschaften ein allgemein akzeptiertes Zahlungsmittel, das die einfache Abwicklung von Geschäften ermöglicht. Des Weiteren fungiert Geld auch als Recheneinheit, das heißt als Wertmaßstab. So können ganz unterschiedliche Güter und Dienstleistungen hinsichtlich ihres Wertes miteinander verglichen werden. Ebenso ermöglicht Geld auch die Aufbewahrung von Kaufkraft über die Zeit hinweg – es ist Wertaufbewahrungsmittel. Zusammengefasst hat Geld drei Funktionen: Tauschmittel, Recheneinheit und Wertaufbewahrungsmittel.
Nachdem nun die Funktionen des Geldes dargelegt wurden, möchte ich Ihnen kurz skizzieren wie Geld geschaffen wird, also wie der Prozess der Geldschöpfung funktioniert:
Vereinfacht gesagt bezeichnet man als Geldschöpfung die Vermehrung der Geldmenge durch das Bankensystem, d.h. die Schaffung zusätzlichen Geldes. Das Bankensystem als Träger der Geldschöpfung besteht aus der Zentralbank und den Geschäftsbanken einer Volkswirtschaft. Man unterscheidet dementsprechend zwischen Zentralbankgeldschöpfung und Giralgeldschöpfung. Dabei geht der ursprünglich Impuls zur Geldschöpfung von der Zentralbank aus. Die Zentralbank entscheidet letztlich wie viel Geld in Umlauf kommt und kann, je nach Bedarf, den Markt mit zusätzlichem Geld versorgen oder ihm Geld entziehen. Das Zentralbankgeld bildet die Basis der Giralgeldschöpfung.
Zum Zentralbankgeld zählen Bargeld, also Banknoten und Münzen, sowie Guthaben der Geschäftsbanken auf deren Konten bei der Zentralbank. Zentralbankgeld wird – wie der Name schon sagt – ausschließlich von der Zentralbank geschaffen. Sie besitzt hier ein Monopol. Die Refinanzierung des Bankensystems erfolgt in erster Linie durch Offenmarktgeschäfte. Für den Euroraum ist hier primär das Hauptrefinanzierungsgeschäft via Tenderoperationen als wichtigstes geldpolitisches Instrument zu nennen. Über dieses wird dem Bankensystem im Normalfall der Großteil der benötigten Liquidität bereitgestellt. Dies erfolgt, vereinfacht gesagt, über Darlehen, das die Zentralbank den Geschäftsbanken gegen Hinterlegung von Sicherheiten bester Qualität zur Verfügung stellt.
Dieser Giralgeldschöpfung der Banken sind jedoch Grenzen gesetzt – diese hängen vor allem von den Mindestreservevorschriften ab. Banken sind durch die Mindestreserve verpflichtet (zur Sicherung ihrer Zahlungsfähigkeit und auch aus währungspolitischen Gründen), einen Teil der bei ihnen gehaltenen Einlagen als Guthaben bei der Zentralbank zu hinterlegen. Des Weiteren wird die Geldschöpfung noch durch Regelungen eingeschränkt, nach welchen die Banken zur Haltung bestimmter Eigenkapitalquoten für die bankbetrieblichen Risikoarten (Markt- und Kreditrisiko, operationelles Risiko) verpflichtet sind.
Kredite der Banken sind durch entsprechendes Eigenkapital auf der Passivseite ihrer Bilanz gedeckt. Bei den Passivposten handelt es sich um Einlagen privater Haushalte und Unternehmen, emittierte Aktien bzw. Anleihen oder Ausleihungen bei Zentral- und Geschäftsbanken, die den vergebenen Krediten gegenüberstehen.
Lassen Sie mich abschließend auf Ihre Frage hinsichtlich der Finanzierung des Internationaler Währungsfonds (IWF) eingehen: Der IWF wurde 1944 gemeinsam mit der Weltbank in Bretton Woods gegründet. Im Weltwährungssystem von Bretton Woods spielten diese beiden Institutionen eine zentrale Rolle. Während die Weltbank für die Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung zuständig ist, war die Aufgabe des IWF die Überwachung des Währungssystems und der Zahlungsbilanzen der Mitgliedsstaaten, um schließlich bei eventuell nachhaltigen Zahlungsbilanzungleichgewichten entsprechende Realigments anzuregen. Nach Zusammenbruch des internationalen Währungssystem 1973 konzentrierte sich der IWF auf die Vermeidung und Beseitigung von Ungleichgewichten in der Zahlungsbilanz. Dieser Aufgabe kommt er nach, indem er die Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten „überwacht“ und regelmäßige Konsultationen mit ihnen abhält. In Krisensituationen kann er finanzielle Unterstützung gewähren. Länder, die um diese ansuchen, müssen sich im Gegenzug verpflichten Wirtschaftsreformen zur Beseitigung der zugrundeliegenden Ursachen durchzuführen. Vergeben werden die Kredite in der Währung des IWF, den Sonderziehungsrechten, die sodann in Devisen konvertiert werden können. Sonderziehungsrechte sind quasi eine Recheneinheit, die aus einem Währungskorb aus vier Währungen (Euro, US-Dollar, Pfund Sterling und Yen) berechnet wird. Die Gewichtung entspricht dabei den relativen Bedeutungen der Währungen im Welthandels- und Finanzsystem.
Heute sind im IWF 186 Staaten vertreten, die beim Eintritt in den Fonds einen Beitrag leisten müssen. Die Beiträge der Mitgliedsstaaten werden von den Notenbanken in Form von Sonderziehungsrechten sowie in international anerkannten Währungen (Euro, Dollar etc.) und der jeweiligen Landeswährung geleistet. Die Höhe der nationalen Einlage bestimmt gleichzeitig den Stimmenanteil, den der jeweilige Mitgliedsstaat in den Gremien des IWF hat. Auch die Höhe der Unterstützungsleistungen des IWF ist durch die Höhe der jeweiligen Einlage bestimmt.
Ich bitte Sie um Verständnis, dass ich als Gouverneur einer Notenbank des Eurosystems zu Ihrer Frage betreffend der Federal Reserve nicht Stellung nehmen kann.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Ewald Nowotny
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