Sehr geehrter Herr Fraising!
Zu Estland liegen momentan keine Daten vor, die auf durch die Euro-Einführung bedingte Preiserhöhungen hinweisen. Wie Sie in Ihrer Frage bereits bemerkten, haben sich die meisten estnischen Unternehmen auch verpflichtet für eine faire Umrechnung zu sorgen. Inwieweit diese Vereinbarung auch erfüllt wurde, müssen letztlich Analysen zeigen, für die es zu diesem Zeitpunkt noch zu früh ist. Zur Euro-Einführung und der damit verbundenen Preisentwicklung in Österreich kann ich Ihnen aber folgendes mitteilen:
Das oberste Ziel der Europäischen Zentralbank (EZB, www.ecb.int) ist die mittelfristige Sicherung von Preisstabilität für den gesamten Euroraum. Preisstabilität wird dabei als ein Anstieg des Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) von unter, aber nahe bei 2 Prozent definiert. Die EZB und die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) als Teil des Eurosystems waren bei der Erreichung dieses Ziels bisher äußerst erfolgreich. Seit der Einführung des Euro als Buchgeld (1.1.1999) belief sich die durchschnittliche Inflationsrate auf 1,9 %, was im historischen Vergleich außergewöhnlich niedrig ist. So betrugen die Preissteigerungen des Schillings in den letzten 10 Jahren vor Einführung des Euro 2,2 % und in den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts durchschnittlich 3,8 %. Der Euro ist damit eindeutig preisstabiler als es der Schilling war.
Auch im Jahr der Euro-Bargeld-Einführung 2002 war mit 1,7 % eine außerordentlich niedrige Inflationsrate zu verzeichnen. Einer der Gründe, warum es zu einem Auseinanderklaffen der gemessenen niedrigen Inflationsrate und einer wahrgenommenen hohen Inflation kommen kann, liegt daran, dass Schillingpreise von vor 2002 mit gegenwärtigen Euro-Preisen verglichen werden, ohne zu berücksichtigen, dass es neben der Teuerungsrate auch zu einem Anstieg der Löhne gekommen ist. Des Weiteren gilt es zu bedenken, dass die amtliche Inflationsstatistik, gemessen durch die Statistik Austria (www.statistik.at), die Preisänderungen von Gütern und Dienstleistungen, die ein durchschnittlicher Haushalt konsumiert, beinhaltet, wohingegen die wahrgenommenen Preissteigerungsraten oftmals auf alltäglichen, häufig gekauften Gütern beruhen. Da die Preisänderungen dieser von jenen der seltener gekauften Güter, wie z. B. Computer und andere dauerhafte Konsumgüter, abweichen können, kann es somit zu einer unterschiedlichen Einschätzung der Inflationsrate kommen. Hinzu kommt das psychologische Moment, dass Preiserhöhungen stärker wahrgenommen werden als Preissenkungen. Dies alles zusammengenommen kann zu einer höheren Einschätzung der Teuerungsrate führen als tatsächlich gemessen wird.
Im Zusammenhang mit Ihrer Frage möchte ich Sie zudem auf unser interaktives „Inflationscockpit“ hinweisen: www.oenb.at/inflationscockpit Dort erfahren Sie einerseits weitere konkrete Details zum Thema Inflation und können andererseits die Auswirkungen abweichender Preisentwicklungen einzelner Produktgruppen auf die Gesamtinflation selbst austesten bzw. die Preisentwicklung einzelner Produkte nachverfolgen. Ich möchte allerdings darauf hinweisen, dass sich die dort wiedergegebenen Daten auf Österreich beziehen.
Mit freundlichen Grüßen
Ewald Nowotny
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