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Beantwortet
Autor Frank Wendler am 02. Februar 2011
27793 Leser · 18 Stimmen (-0 / +18) · 0 Kommentare

Geldpolitik, Zinsen, Inflation

Inflation 2,4% Leitzins 1,0%?

Sehr geehrtes Direktorium,

die aktuelle Euro-Inflation im Jänner 2011 steigt bereits auf 2,4% - der Leitzins beträgt aber immer noch unglaublich niedrige 1,0%. Soweit ich mich erinnere, gab es noch nie seit Bestehen des EUR eine so hohe Diskrepanz zwischen Leitzins und Inflationsrate.

1. Wann greift die EZB endlich ein und erhöht die Leitzinsen, damit das Vertrauen der öster. Bevölkerung in die Geldwertstabilität des EUR erhalten bleibt?

2. Droht bei einem zu späten Eingreifen der EZB das Szenario, was der Chefvolkswirt der Dt.Bank für möglich hält - nämlich das die Inflation in den nächsten 2-3 Jahren auf 4% steigen wird und diese dann sogar mehrere (!) Jahre auf diesem Niveau anhalten kann? Das wäre dann ja eine wirkliche Katastrophe für die Menschen.

http://diepresse.com/home/wirtschaft/international/628354...

3. Wie kann die EZB verhindern, dass diese (Horror) Prognose des Chefvolkswirts der Dt.Bank nicht doch Realität wird, denn die Gründe, die er für so eine hohe Inflation anführt, sind ja völlig plausibel und ein Chefvolkswirt der Dt.Bank ist sicherlich kein "Angstmacher", sondern dürfte berechtigte Gründe für seine Prognose haben.

Mit freundlichen Grüßen
F.Wendler

+18

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Antwort
von Univ.-Prof. Dr. Ewald Nowotny am 10. März 2011
Univ.-Prof. Dr. Ewald  Nowotny

Sehr geehrter Herr Wendler!

Vorab möchte ich feststellen, dass das vorrangige Ziel der Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB, www.ecb.int) die Gewährleistung von Preisstabilität ist, die als mittelfristige Inflationsrate von unter, aber nahe bei 2% definiert wird. In den letzten zwölf Jahren wurde dieser Prämisse mit einer durchschnittlichen Teuerungsrate (laut Harmonisiertem Verbraucherpreisindex – HVPI) von 1,98% im Euroraum eindrucksvoll entsprochen.

Zu Beginn des Jahres 2011 ist im Euroraum die Inflationsrate aufgrund höherer Energie- und Nahrungsmittelkosten auf über 2% gestiegen (2,3% im Jänner 2011 und lt. vorläufigem Wert von Eurostat, dem Statistisches Amt der Europäischen Gemeinschaften, http://epp.eurostat.ec.europa.eu, auf 2,4% im Feber). Es ist für die Geldpolitik von vorrangiger Bedeutung, dass die Zunahme der HVPI-Teuerungsrate nicht zu Zweitrundeneffekten führt und somit auf mittlere Sicht keinen breit angelegten Inflationsdruck zur Folge hat. Solche Wirkungen treten etwa auf, wenn auf Teuerungen mit überhöhten Lohn- bzw. Gehaltssteigerungen reagiert wird.

Der EZB-Rat – also das zinsentscheidende Gremium des Euroraums – hat in seiner Sitzung am 3. März 2011 deutlich klar gemacht, dass er jederzeit gerüstet ist, den aktuellen Inflationstendenzen durch eine Zinsanhebung entgegensteuern zu können. Dies unterstreicht, dass diesbezügliche Entwicklungen kontinuierlich sorgfältig beobachtet werden und dass an der Entschlossenheit des Eurosystems auch künftig für Preisstabilität sorgen zu können nicht zu zweifeln ist.

Mit freundlichen Grüßen

Ewald Nowotny