Sehr geehrter Herr Baumgardt!
Ich habe bereits vielfach zu Anfragen wie der Ihren Stellung genommen und möchte daher nicht erneut die Details des Geldschöpfungsprozesses erläutern. Die diversen Antworten zu diesem Thema können Sie unter folgenden Links einsehen:
http://www.direktzu.at/oenb/messages/24828
http://www.direktzu.at/oenb/messages/30951
http://www.direktzu.at/oenb/messages/24905
http://www.direktzu.at/oenb/messages/28555
http://www.direktzu.at/oenb/messages/29525
http://www.direktzu.at/oenb/messages/30194
Ich darf aber dennoch darauf hinweisen, dass das Monopol der Schöpfung von Zentralbankgeld im Euroraum selbstverständlich bei der Europäischen Zentralbank (EZB, www.ecb.int) liegt.
Geschäftsbanken können lediglich Giralgeld schöpfen und auch das nur, sofern sie die von der Zentralbank verlangten Mindestreserveanforderungen erfüllen, d.h. über entsprechende Guthaben bei der Zentralbank verfügen. Außerdem muss eine Bank, die durch Kreditvergabe Giralgeld schöpfen möchte, natürlich auch über die entsprechenden Mittel – beispielsweise Einlagen ihrer Kunden – verfügen. Ich halte also erneut fest: Banken können Geld nicht völlig „aus der Luft“ schöpfen.
Des Weiteren möchte ich noch darauf hinweisen, dass Staatsanleihen nicht ausschließlich von Banken gekauft werden. Österreichische Staatsanleihen sind beispielsweise zu etwa 10 Prozent im Besitz österreichischer Banken, der Großteil der österreichischen Bundesanleihen verteilt sich auf andere Anleger im In- und Ausland (Pensionsfonds, Versicherungen etc.), die für ihre Kunden auch entsprechende Erträge erwirtschaften wollen.
Hinsichtlich Ihres Vorschlags, die Zentralbank möge dem Staat direkt Geld zur Verfügung stellen, möchte ich an das gültige Verbot der monetären Staatsfinanzierung erinnern, das eine direkte Finanzierung der Staatsausgaben durch die Zentralbank verbietet.
(siehe hierzu im Detail: http://www.direktzu.at/oenb/messages/wie-kann-sich-ein-st...)
Des Weiteren gebe ich zu bedenken, dass sich die Zentralbank gemäß Ihrem Vorschlag, das Geldmengenwachstum direkt an die Wachstumsrate zu koppeln, ihrer Steuerungsmöglichkeiten berauben würde. Denn in Situationen ohne oder mit negativem Wachstum, dürfte die Zentralbank nach Ihrem Modell der Wirtschaft kein zusätzliches Geld zur Verfügung stellen bzw. müsste es ihr sogar entziehen. Diesen Fehler hat man während der Weltwirtschaftskrise in den 1930er Jahren gemacht – die verheerenden Wirkungen dieser Politik sind hinlänglich bekannt.
Die Ursachen der gegenwärtigen Staatsschuldenkrise sind nicht im Geldschöpfungsprozess oder im Zinssystem zu suchen. Die von der Schuldenkrise betroffenen Staaten haben in der Vergangenheit zu hohe Schulden angehäuft. Dafür werden sie nun – nach der großen Krise von 2008/2009, die weltweit zu einer weiteren Ausweitung der Staatschulden gezwungen hat – von den Märkten bestraft. Die Probleme, die sich daraus für die weitere Finanzierung der Staatshaushalte ergeben, müssen daher auch primär durch die Umsetzung von entsprechenden Sparmaßnahmen gelöst werden.
Mit freundlichen Grüßen
Ewald Nowotny
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am 25. November 2011
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am 24. November 2011
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