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Beantwortet
Autor Frank Wendler am 02. Dezember 2011
33696 Leser · 64 Stimmen (-0 / +64) · 4 Kommentare

Geldpolitik, Zinsen, Inflation

Brauchen wir ein neues Geldsystem?

Sehr geehrtes Direktorium der öster. Nationalbank,

selten wurde im öster. Fernsehen ORF 2 in der Sendung Club2 vom 30.11.2011 so ausführlich über die Problematik des (Schuldzins)Geldsystems gesprochen.

http://tvthek.orf.at/programs/1283-Club-2/episodes/325643...

Angefangen über das Monopol der Privatbanken zur Geldschöpfung, über exponentielles Wachstum des Geldsystems bis zur gesamten Zinsbelastung. Die Fakten sind überzeugend und können nicht mehr negiert werden.

Das "Kunstgeld" - die sogenannten Derivate - übersteigen ein mehrfaches der realen Güter (60 Billionen gegenüber 600 Billionen !) Das ist völlig absurd.

Wie konnte so etwas zugelassen werden, wo blieb die Kontrolle und ist die Notenbank mit daran Schuld ?

Gibt es einen Lösungsweg wie man die 600 Billionen "Scheingeld" an die 60 Billionen realen Werte anpassen kann?

Oder gibt es nur ein schreckliches Ende?

Vielen Dank

+64

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Antwort
von Univ.-Prof. Dr. Ewald Nowotny am 06. Februar 2012
Univ.-Prof. Dr. Ewald  Nowotny

Sehr geehrter Herr Wendler!

Zu ähnlichen Fragen habe ich schon viele Male auf dieser Plattform Stellung bezogen, jüngst wieder am 25. Januar 2012: http://www.direktzu.at/oenb/messages/sind-die-geldvermoeg....

In dieser Antwort erläuterte ich, dass sich die Europäische Zentralbank (EZB, www.ecb.int) bewusst gegen eine Steuerung der Geldmenge als vorrangigem Ziel entschieden hat. Zwar fließt eine genaue Betrachtung des Geldmengenwachstums selbstverständlich in die geldpolitischen Entscheidungen mit ein, oberstes Ziel der EZB ist jedoch die Gewährleistung der Preisstabilität (Definition Preisstabilität: http://www.direktzu.at/oenb/messages/3095).

Akademische Diskussionen über Vor- und Nachteile unserer Wirtschaftsordnung und unseres Geldsystems sind natürlich legitim. Die Probleme, denen wir uns seit Ausbruch der Krise ausgesetzt sehen, haben ihre Ursache meines Erachtens aber nicht im Geldsystem, sondern vielmehr in einer mangelnden Regulierung des Finanzsektors, in unzureichender Budgetdisziplin und mangelnder Wettbewerbsfähigkeit mancher Staaten.

Maßnahmen wie die Einführung einer Schuldenbremse und strengere Eigenkapitalvorschriften für Banken zielen deshalb darauf ab, die öffentlichen Haushalte nachhaltig zu sanieren und dem Finanzsystem mehr Stabilität zu geben. Sparprogramme und Reformen sollen den Schuldenstand wieder auf ein nachhaltiges Niveau bringen sowie Wohlstand und Wachstum für die Zukunft sichern.

Dies sind die Themen, mit denen sich die Politik und die Währungshüter heute beschäftigen müssen, Prophezeiungen eines „schrecklichen Endes“ und Panikmache halte ich – gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten – für kontraproduktiv.

Mit freundlichen Grüßen

Ewald Nowotny

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