Sehr geehrter Herr Rausch!
Lassen Sie mich zunächst Ihre drei konkreten Fragen nach Daten zur Kreditvergabe beantworten, um dann auf die von Ihnen angesprochene Problematik einzugehen.
Die Forderungen österreichischer Kreditinstitute in Euro an inländische Nichtbanken belief sich mit Ende Q2 2012 auf insgesamt 270,48 Mrd. Euro. Davon entfielen 127,71 Mrd. Euro auf Unternehmen, 96,57 Mrd. Euro auf private Haushalte und 25,24 Mrd. Euro auf öffentliche Haushalte (der Rest auf private Organisationen ohne Erwerbszweck und Finanzintermediäre (z.B. Versicherungen)).
http://www.direktzu.at/s/tscw3n
Die Forderungen des Eurosystems (EZB und nationale Zentralbanken der Euro-Mitgliedsländer) gegenüber den Kreditinstituten finden Sie im Wochen- ausweis, der die Werte zum jeweiligen Stichtag ausweist: http://www.direktzu.at/s/5ekhll
Die durchschnittlichen Kreditzinssätze bei der Neuvergabe von Krediten in Euro an private Haushalte und Unternehmen lagen mit Stand August 2012, je nach Kreditart, zwischen 1,68% und 4,78%:
http://www.direktzu.at/s/hl09cs
Kommen wir nun auf das von Ihnen beschriebene Szenario des Schulden- abbaus. Grundsätzlich haben Sie recht, das Zurückzahlen eines Kredites bewirkt, dass das durch die Kreditvergabe geschöpfte Geld verschwindet, die Geldmenge wird um den zurückgezahlten Kreditbetrag vermindert. Die Bank hat nun die Möglichkeit, diesen Betrag erneut als Kredit zu vergeben, was sie in aller Regel auch tun wird. (Weitere Antworten zur Geldschöpfung siehe unten.)
Ist der Geldkreislauf zwischen Banken und Nichtbanken aber gestört, sodass Kreditrückzahlungen größeren Umfangs nicht durch neue Kreditvergaben kompensiert werden, so kann dies natürlich Auswirkungen auf die Geldmenge haben. Die fehlende Kreditvergabe führt dazu, dass Unternehmen keine Investitionen vornehmen können, was in der Folge das Wirtschaftswachstum hindert. Zusammen mit einer schrumpfenden Geldmenge ist dann die Gefahr einer deflationären Entwicklung gegeben. Ich möchte an dieser Stelle anmerken, dass die EZB in ihren Analysen derzeit keine reale Deflationsgefahr für den Euroraum erkennt.
Ihre Annahme, dass die derzeit gesetzten Sparmaßnahmen der Regierungen Europas negative Auswirkungen auf die Realwirtschaft haben können, ist nicht gänzlich von der Hand zu weisen. Der notwendige Schuldenabbau muss daher von Investitionen zur Ankurbelung der Wirtschaft begleitet werden. Der Europäische Rat hat auch demgemäß im Juni 2012 mit einem Wachstums- und Beschäftigungspakt die notwendige Ergänzung zur Sparpolitik eingefordert.
Auch zur Problematik der Zinsen habe ich hier schon mehrmals hingewiesen (siehe Linksammlung unten). Ich möchte daher nur kurz zusammengefasst folgendes darstellen: Die Zinseinnahmen der Banken kommen letztlich ebenfalls wieder in den Geldkreislauf – zum einen werden laufende Kosten (Refinanzierungskosten, Gehälter, Betriebskosten, etc.) damit bezahlt, zum anderen kommen sie als Gewinnausschüttung an den Eigentümer der Bank. Eine Problematik nicht rückzahlbarer Zinsen, wie in ihrem Beispiel dargestellt, sehe ich demnach nicht.
Bisherige Antworten zur Geldschöpfung:
http://www.direktzu.at/oenb/messages/24905#id_answer_25525 http://www.direktzu.at/oenb/messages/25271#id_answer_25851 http://www.direktzu.at/oenb/messages/28555#id_answer_29418 http://www.direktzu.at/oenb/messages/30194#id_answer_30761 http://www.direktzu.at/oenb/messages/29525
http://www.direktzu.at/oenb/messages/geldschoepfung-zum-w...
http://www.direktzu.at/oenb/messages/geldschoefpung-und-z...
Mit freundlichen Grüßen
Ewald Nowotny
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am 15. September 2012
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am 12. September 2012
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