Sehr geehrter Herr Mag. Zwettler!
Zunächst möchte ich darauf hinweisen, dass die Europäische Zentralbank (EZB, www.ecb.int) kein explizites Geldmengenziel verfolgt, sondern durch ihr Mandat dazu verpflichtet ist, Preisstabilität gemessen am Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) zu gewährleisten. Unter Preisstabilität wird dabei eine Inflationsrate von unter, aber nahe bei 2 Prozent verstanden. Ich habe inzwischen schon mehrfach – auch auf dieser Plattform darauf hingewiesen, dass die EZB bei der Erreichung ihres Ziels bisher immer äußerst erfolgreich gewesen ist (http://www.direktzu.at/oenb/messages/30816#id_answer_31496, http://www.direktzu.at/oenb/messages/25946#id_answer_26411, http://www.direktzu.at/oenb/messages/30179#id_answer_30989, http://www.direktzu.at/oenb/messages/25556#id_answer_26239).
Die Inflationsrate des Euro lag in den zehn Jahren seines Bestehens in Österreich bei durchschnittlich 1,7 Prozent (bzw. 1,98% in den letzten 12 Jahren im Euroraum). Im Gegensatz dazu betrug die Inflationsrate in den zehn Jahren davor 2,2 Prozent – der Euro ist mithin preisstabiler als der Schilling es war. Ich darf Ihnen versichern, dass die EZB ihr Mandat auch in Zukunft erfüllen und möglichen Preisstabilitätsrisiken entschieden entgegenwirken wird.
Zu Ihrer Frage betreffend die Geldschöpfung lässt sich sagen, dass den Banken zunächst natürlich schon Geld zur Verfügung stehen muss, damit sie Staatsanleihen nachfragen können. Insofern kommt es in diesem Schritt auch keineswegs zur Schöpfung von neuem Geld, es findet lediglich eine Veränderung in der Finanzierungsstruktur statt. Sodann können die Banken Staatsanleihen – wie im Übrigen auch andere Wertpapiere von Emittenten mit bester Bonität – als Sicherheiten bei der EZB hinterlegen und erhalten dafür Zentralbankgeld, das sie wiederum zur Vergabe neuer Kredite verwenden können. Hierbei kommt es dann auch zur Schöpfung von Giralgeld, der Geldschöpfungsprozess erfolgt jedoch deshalb nicht anders als in meinen bisherigen Antworten zu diesem Thema beschrieben (http://www.direktzu.at/oenb/messages/24905#id_answer_25525, http://www.direktzu.at/oenb/messages/25271#id_answer_25851, http://www.direktzu.at/oenb/messages/28555#id_answer_29418, http://www.direktzu.at/oenb/messages/30194#id_answer_30761).
Schließlich möchte ich festhalten, dass es die Geldpolitik immer in der Hand hat, das Ausmaß der Bereitstellung von Zentralbankliquidität zu steuern bzw. zu begrenzen – durch welche konkreten Instrumente dies auch immer erfolgen mag.
Gestatten Sie mir noch eine Anmerkung zu Staatanleihen: Wie bei anderen Wertpapieren auch handelt es sich bei Staatsanleihen um Vermögenswerte. Ich möchte nicht verschweigen, dass einige Staaten des Eurogebiets – aufgrund mangelnder struktureller Anpassungen, der Finanz- und Wirtschaftskrise der letzten Jahre und nicht zuletzt auch aufgrund von Spekulation – mit Liquiditätsproblemen und hohen Zinsaufschlägen (Spreads) auf ihre Anleihen zu kämpfen hatten. In der Regel sind Staatsanleihen jedoch eine Anlageform mit äußerst geringem Risiko, denn dem Anspruch auf Rendite steht immerhin die Wirtschaftsleistung eines ganzen Landes gegenüber. Daher spricht auch nichts dagegen Staatsanleihen als Sicherheit (Collateral) zu akzeptieren.
Mit freundlichen Grüßen
Ewald Nowotny
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am 11. Februar 2011
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