Diese Plattform ist ab 12. November 2012 inaktiv. Die Abstimmung für Beiträge ist geschlossen. Bereits veröffentlichte bzw. beantwortete Beiträge stehen jedoch auch weiterhin zur Information zur Verfügung.

Beantwortet
Autor Gerhard Bastir am 03. Januar 2011
27292 Leser · 16 Stimmen (-0 / +16) · 0 Kommentare

OeNB im Eurosystem & Europäische Zentralbank

Kredit an IWF

Hallo Herr Dr. Novotny,

Am 30.11.2010 beschloss der Nationalrat ein von den Medien wenig bis gar nicht beachtetes Gesetz, der Nationalbank die Aufstockung eines Kredites an den IWF von derzeit 407 Mio auf 3,6 Mrd SZR (4,21 Mrd Euro)zu genehmigen.
http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXIV/I/I_00983/index....
1.) Welchen tieferen Sinn hat es, den Nationalbanken die direkte Kreditgewährung an Nationalstaaten zu verbieten, während das über den Umweg über den IWF zulässig ist?
2.) Wem "gehören" die Schulden der Nationalbank? Sind sie dem Schuldenstand der Republik zuzuzählen?

Mit freundlichen Grüssen
Gerhard Bastir

+16

Über diesen Beitrag kann nicht mehr abgestimmt werden, da er bereits beantwortet wurde.

Antwort
von Univ.-Prof. Dr. Ewald Nowotny am 10. Februar 2011
Univ.-Prof. Dr. Ewald  Nowotny

Sehr geehrter Herr Bastir!

Lassen Sie mich zunächst kurz auf den Internationalen Wirtschafts- und Währungsfonds (IWF, www.imf.org) eingehen. Der IWF wurde 1944 im Zuge des Bretton-Woods-Abkommens als Regelwerk zur internationalen wirtschaftlichen Zusammenarbeit gegründet, um eine Wirtschaftskrise, wie die der 1930er Jahre, die schließlich in den 2. Weltkrieg mündete, künftig zu vermeiden. Als Ziele wurden die internationale Kooperation in Währungsfragen, die Sicherung der Finanzmarktstabilität, die Zusammenarbeit im internationalen Handel, die Erhöhung der Beschäftigungsraten, ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum sowie die Reduktion der Armut in der Welt definiert.

Was nun Ihre erste Frage zum Verbot der Staatsfinanzierung durch Notenbanken betrifft, so ist dies im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV, http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:...) geregelt. Davon ausgenommen ist laut einer Verordnung des Rates der Europäischen Union jedoch die in Ihrer Frage angedeutete Bereitstellung von Mitteln an den IWF ((EG) Nr. 3603/93 im Wortlaut: “Die Finanzierung von Verpflichtungen des öffentlichen Sektors gegenüber dem Internationalen Währungsfonds oder aufgrund des in der Gemeinschaft eingerichteten mittelfristigen finanziellen Beistands führt zu Forderungen an das Ausland, die alle Merkmale eines Reserveinstruments aufweisen oder damit ihnen vergleichbar sind und die somit gestattet werden sollten.“ http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=CEL...)

Die Bereitstellung von Kreditfazilitäten an den IWF kann zudem auch folgendermaßen begründet werden:

  1. weil es völkerrechtliche Verträge mit internationalen Organisationen gibt, die internationale Finanzierungen internationaler Organisationen vorsehen,
  2. weil internationale Organisationen mit Mitteln zur Krisenbewältigung auszustatten sind und
  3. weil insbesondere beim IWF keine dauerhaften Staatsfinanzierungen vorgenommen, sondern die Mittel mittelfristig (meist nach 2-10 Jahren) zurückerstattet werden.

Die schwere globale Wirtschaftskrise der letzten Jahre hat eine Reihe von Ländern gezwungen, beim IWF um Zahlungsbilanzunterstützung anzusuchen. Hierbei konnte der IWF stabilisierend eingreifen und den benötigten Liquiditätsbedarf bereitstellen. Der Erfolg des IWF liegt in seiner Rolle als Mittler, der sowohl mit einzelnen Staaten als auch mit Staatengemeinschaften, Währungsräumen und anderen internationalen Organisationen – etwa den G20 – eng zusammenarbeitet. So wird durch Bündelung makroökonomischer Kompetenzen und weltweit konzertierten Agierens an Lösungen gearbeitet, um internationale Ungleichgewichte auszugleichen. Um die Stabilität der globalen Wirtschaft auch fortan zu sichern und die Liquidität des IWF zu garantieren, erfolgt eine Aufstockung über die neuen Kreditvereinbarungen (New Arrangements to Borrow (NAB )).

Zu ihrer zweiten Frage ist zu sagen, dass die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) gegenüber dem IWF als Gläubigerin auftritt und die Gelder des IWF somit Teil der Währungsreserven sind. Die OeNB verfügt über ein Eigenkapital von ca. 4 Mrd EUR und verzeichnete immer einen Bilanzgewinn. Weiters ist die OeNB eine Aktiengesellschaft deren Grundkapital von 12 Mio Euro zu 100% im Eigentum des österreichischen Staates steht und diesem gemäß Nationalbankgesetz einen neunzigprozentigen Gewinnanteil (§ 69 Abs.3 NBG) zuführt. Zusätzlich wird an den Bund eine bis zu zehnprozentige Dividende auf das Grundkapital sowie die jährliche Körperschaftssteuer ausbezahlt.

Mit freundlichen Grüßen Ewald Nowotny