Sehr geehrter Herr Woschnagg!
Zunächst möchte ich festhalten, dass sich die Stabilität des Euro nicht am Wechselkurs zu einer anderen Währung – sei es der US-Dollar (USD) oder der Schweizer Franken (CHF) – misst, sondern an der Preisstabilität. So verfolgt die Europäische Zentralbank (EZB, www.ecb.int) vielmehr auch ein Preisstabilitätsziel und kein Wechselkursziel, wobei Preisstabilität als eine Inflationsrate von unter, aber nahe bei zwei Prozent gemessen am Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI, www.oenb.at/de/glossar/glossar_alles.jsp?letter=h&cat...) definiert ist. Dieses Ziel wurde in den letzten 10 Jahren eindrucksvoll erreicht, wie die durchschnittliche Inflationsrate von 1,9% im Euroraum seit der Euroeinführung zeigt.
Der Wechselkurs ist keine explizite Zielgröße, sondern fließt nur als Indikator in die geldpolitischen Entscheidungen mit ein. Im Speziellen gilt es, die Wirkung von Wechselkursänderungen auf die Preisstabilität zu berücksichtigen, da Inflation auch aus dem Ausland importiert werden kann. Als eine der Weltleitwährungen, in der ein beträchtlicher Anteil des Welthandels, insbesondere Erdöl, fakturiert wird, hat der US-Dollar hier eine besondere Rolle. Insofern ist er von weitaus größerer Bedeutung als der Schweizer Franken.
Die Risiken von kleinen Währungsräumen, die weitaus stärker von der Wechselkursentwicklung beeinflusst sind, werden am Beispiel der Schweiz ersichtlich. Der starke Franken schwächt die dortige wirtschaftliche Entwicklung, indem er insbesondere die Exportindustrie und den Tourismus belastet und in der gegenwärtigen wirtschaftlichen Situation mit sehr niedrigen Inflationsraten das Risiko einer importierten, deflationären Entwicklung in sich birgt. Aus diesem Grund versucht die Schweizerische Notenbank (www.snb.ch) seit geraumer Zeit mittels Devisenmarktinterventionen einer übermäßigen Aufwertung entgegenzuwirken.
Je größer hingegen ein Währungsraum ist, desto weniger relevant ist der Außenwert der Währung. Denn ein großer Teil des Handels wird ja vornehmlich innerhalb dieses Wirtschaftsraums in der gemeinsamen Währung abgewickelt. So entfallen etwa innerhalb des Euroraums rund zwei Drittel des Außenhandels auf den Handel mit anderen Euro-Mitgliedsländern. Ebenso wie eine allen gemeinsame Sprache die Kommunikation erleichtert, so vereinfacht ein gemeinsames Zahlungsmittel die Abwicklung von Geschäften. Beispielsweise muss in einer Welt mit vielen nationalen Währungen eine Absicherung gegen Wechselkursrisiken getroffen werden. Die dadurch entstehende Verteuerung des Außenhandels entfällt somit in einer Währungsunion. Laut Schätzungen der EU-Kommission (ec.europa.eu) belaufen sich diese Einsparungen auf 45 bis 90 Mrd Euro (0,5 – 1 % des BIP des Euroraums). Gerade Österreich profitiert als kleine, offene Volkswirtschaft von diesen Vorteilen überproportional.
Für Einzelpersonen hingegen, die Fremdwährungskredite ausständig haben, mag der Wechselkurs von Euro zu Schweizer Franken von speziellem Interesse sein. Tatsächlich besteht in Österreich noch immer ein relativ großes Volumen an Schweizer-Franken-Fremdwährungskrediten. Das wird von der Oesterreichischen Nationalbank seit langem kritisch beurteilt, da der Kreditnehmer bzw. die Kreditnehmerin hier besondere Risiken trägt. Nähere Informationen zu diesem Aspekt finden Sie bei der Beantwortung der Frage „Fremdwährungskredit“ durch Herrn Direktor Mag. Ittner vom 11. März 2010: www.direktzu.at/oenb/messages/24740?filter%5B%5D=answered...
Mit freundlichen Grüßen
Ewald Nowotny
Kommentare (0)Öffnen
Um einen Kommentar schreiben zu können, müssen Sie angemeldet sein.