Sehr geehrter Herr Storck!
Das letzte Jahr war von Reformen, Neuerungen und Umstrukturierungen in institutionellen, finanziellen und staatlichen Bereichen geprägt, um den schärfsten konjunkturellen Abschwung seit dem 2. Weltkrieg zu stoppen. Solide und umfassende Reaktionen der Geld- und Fiskalpolitik dienten dazu, die Weltwirtschaft wieder auf einen moderaten Wachstumspfad zurückzuführen.
Den massiven zunächst finanz- und in der Folge auch realwirtschaftlichen Auswirkungen, der vor mittlerweile zweieinhalb Jahren ausgebrochenen Finanzkrise, wurde seitens der Geldpolitik durch die Kombination aus kräftigen Zinssenkungen und unkonventionellen geldpolitischen Maßnahmen entgegengewirkt. Zugleich hat das Eurosystem sein Mandat – die Sicherung der Preisstabilität mit einer Inflationsrate von unter, aber nahe bei 2% – auf mittlere Sicht erfüllt.
Inzwischen zeigt die wirtschaftliche Entwicklung einen Aufwärtstrend. Die zuletzt prognostizierten Wirtschaftsdaten weisen ein Wirtschaftswachstum für den Euroraum von etwa 1½ % für 2011 und etwas darüber für 2012 aus. In Österreich wird laut Prognose der OeNB vom Dezember 2010 in den Jahren 2011 und 2012 ein Wirtschaftswachstum von jeweils etwas über 2 % erwartet. Im Jahr 2011 wird die Exportwirtschaft von der weltweiten wirtschaftlichen Erholung profitieren. Das gestiegene Vertrauen in die Wirtschaft, die zunehmende Inlandsnachfrage, die expansive Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB, www.ecb.int ) und zahlreiche Maßnahmen zur Stabilisierung des Finanzsystems verbessern die wirtschaftliche Effizienz des Euroraums und damit dessen Wettbewerbsfähigkeit.
Als das zentrale Thema für 2011 sehe ich die Verschuldung einzelner Länder. In den letzten Jahren konnte durch entschlossenes Eingreifen ein Flächenbrand verhindert werden, allerdings müssen wir nun die Kosten der Löscharbeiten tragen. Angesichts der positiven Konjunkturaussichten muss daher nun die Budgetkonsolidierung oberste Priorität haben. Manche Länder haben über ihre Verhältnisse gelebt und müssen nun ihren Verbindlichkeiten nachkommen und Strukturreformen durchführen, um künftig starke Partner im Eurosystem zu sein. In diesem Zusammenhang ist auch die Reform der Spielregeln für den Euroraum möglichst rasch zu einem positiven Abschluss zu bringen. Um klare Rahmenbedingungen sicherzustellen, muss der Stabilitäts- und Wachstumspakt (SWP, http://ec.europa.eu/economy_finance/sgp/index_de.htm) effektiver gestaltet und das Inkrafttreten des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM, http://europa.eu/rapid/pressReleasesAction.do?reference=M...) vorangetrieben werden.
Abschließend möchte ich festhalten, dass das Zeichnen von Worst- oder Best-Case-Szenarien in diesem Kontext wenig zielführend ist. Fakt ist, dass die Politik das kommende Jahr dazu nutzen muss, die krisenbedingten Haushaltsdefizite wieder rückzuführen, ohne dabei den Blick auf Wachstum und Beschäftigung zu verlieren.
Mit freundlichen Grüßen Ewald Nowotny
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