Sehr geehrter Herr Dr. Hoppenberger!
Ich bitte Sie um Verständnis, dass ich als Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank (OenB) Ihre Fragen betreffend der Definition von Primärhändlern der Oesterreichischen Bundesfinanzierungsagentur (OeBFA, www.oebfa.at/de) nicht beantworten kann. Ich würde Ihnen empfehlen, sich diesbezüglich direkt an OeBfA zu wenden.
Ganz allgemein kann festgehalten werden, dass jenes Geld, das von Investoren in Staatsleihen angelegt wird, Resultat wirtschaftlicher Aktivitäten ist. Borgt es sich der Staat in Form von Anleihen, so fließt es über die Staatsausgaben wieder zurück in den Wirtschaftskreislauf. Die Sichtweise, dass das in Staatsanleihen investierte Geld nicht eingezogenen Steuern entspricht, teile ich nicht. Zwar müssen ausreichend Steuererträge für die Erfüllung des politisch vorgegebenen Aufgabenrahmens lukriert werden, jedoch kann nicht die Besteuerung aller nicht verkonsumierten Mittel der Referenzmaßstab sein. Darüber hinaus gebe ich zu bedenken, dass der Staat an ihn abgeführte Steuern nicht an die Steuerpflichtigen zurückzahlen muss. Er tut dies lediglich indirekt, indem er öffentliche Ausgaben tätigt. Jenes Geld aber, das ihm durch Käufer von Staatsanleihen zur Verfügung gestellt wird, muss er bei Fälligkeit der Anleihe auch wieder zurückzahlen.
Auch Ihren Vorschlag, dass der Staat eine eigene Parallelwährung in Form von Steuergutschriften einführt, kann ich nicht nachvollziehen. Vor allem aus Gründen der Geldwertstabilität ist die Ausgabe von Geld dem direkten staatlichen Zugriff entzogen. So gilt innerhalb des Euroraums ein Verbot der monetären Staatsfinanzierung, d.h. die Zentralbanken dürfen die Staaten nicht direkt finanzieren. Ich habe hierzu bereits zu einem früheren Zeitpunkt Stellung bezogen: http://www.direktzu.at/oenb/messages/wie-kann-sich-ein-st...
Eine Komplementärwährung widerspricht außerdem dem ausschließlichen Recht auf die Ausgabe von Zahlungsmitteln durch die Notenbank und konterkariert damit die Durchführung einer einheitlichen Geldpolitik, deren Ziel die Sicherung von Preisstabilität ist.
Zuletzt möchte ich noch auf den Zusammenhang zwischen Guthaben und Schulden eingehen: Selbstverständlich haben Sie recht mit der Feststellung, dass Schulden immer Guthaben gegenüberstehen. Werden die Schulden getilgt, so verschwindet die Forderung auf Seiten der Gläubiger. Aus dieser wird dann ein Geldvermögen, das wieder anderen Zwecken zugeführt werden kann, sei es als Kredit oder als Investition in Realvermögen.
Mit freundlichen Grüße
Ewald Nowotny
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am 08. Dezember 2011
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