Sehr geehrter Herr Timal!
Wie Sie richtig darstellen, ist in den USA zweifellos eine Verschuldungs-problematik gegeben. Auch wenn sich die Debatte nicht so zugespitzt hat wie in Europa, so hat die Rückstufung der USA durch die Ratingagentur Standard & Poor‘s (von AAA auf AA+) gezeigt, dass die Finanzmärkte sehr wohl über die Entwicklung der US-amerikanischen Staatsverschuldung besorgt sind.
Die weitaus dramatischere Wahrnehmung der Situation des Euroraums durch Finanzmärkte und Medien hängt mit den politischen und institutionellen Gegebenheiten des Euroraums zusammen. Denn während die USA ein Währungsgebiet mit bundesweiter Fiskalpolitik sind, so ist der Euroraum durch die einzigartige Situation einer gemeinschaftlichen Geldpolitik mit national-staatlicher Fiskalpolitik gekennzeichnet. Diese Konstruktion wurde mit dem Stabilitäts- und Wachstumspakt abgesichert. Dieser sollte der Verschuldung enge Grenzen setzen. Es hat sich aber gezeigt, dass dieses Regelwerk verbessert und Verstöße entsprechend sanktioniert werden müssen. Der kürzlich beschlossene Fiskalpakt ist hier ein bedeutender Schritt in die richtige Richtung, denn die Euro-Länder müssen zu einer stärkeren Zusammenarbeit im Bereich der Wirtschaftspolitik finden.
Ein weiterer Grund, warum die öffentliche Verschuldung der USA weniger stark thematisiert wird, liegt bei deren — im Vergleich zum Euroraum — höheren Wachstumsraten und der hohen Wettbewerbsfähigkeit der amerikanischen Wirtschaft. Wirtschaftswachstum ist ein entscheidender Faktor für die Rückführbarkeit der Staatsverschuldung, wie ich bereits hier http://www.direktzu.at/oenb/messages/us-schulden-bis-zum-... ausgeführt habe. Für die Länder des Euroraums ist daher auch der Schluss zu ziehen, dass es neben einer konsequenten Sparpolitik auch Wachstumsanreize bedarf. Dies wurde auch beim letzten Europäischen Rat im Juni 2012 beschlossen.
Mit freundlichen Grüßen
Ewald Nowotny
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