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Beantwortet
Autor Gerhard Bastir am 08. April 2011
30845 Leser · 34 Stimmen (-3 / +31) · 2 Kommentare

Euro

Basel III zu lax?

Hallo Herr Dr. Novotny,

Im Social Science Research Network wurde am 16.03.2011 eine Studie veröffentlicht (http://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=1669704) in der nachgewiesen wird, dass eine Erhöhung der Eigenkapitalquote der Banken zwecks Risikominimierung nicht - wie von den Banken behauptet - mit erhöhten Kosten und einer Beeinträchtigung des Kreditmarkts einhergehen müssen.
In einer Studie der Bank für International Settlements vom Februar 2011 (http://www.bis.org/publ/work338.pdf) wird erkannt, dass eine Erhöhung der Eigenkapitalquote um 1% eine Auswirkung von nur 0,08 bis 0,09% auf die Wirtschaft hat).
Auf Basis dieser Erkenntnisse ist hier (http://olafstorbeck.com/2011/03/30/don%E2%80%99t-listen-t...) zu lesen, dass die in Basel III geforderte Erhöhung auf 8% ebenso unzureichend ist einer künftigen Krise entgegenzuwirken, wie die Maßnahmen gemäß Basel II sie nicht verhinderten.
Erst eine Erhöhung auf 15% würde da Abhilfe schaffen.

Wenn eine solche Erhöhung der Allgemeinheit nutzt und den Banken nicht schadet, sollte es doch möglich sein das durchzusetzen.
Oder?

Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Bastir

+28

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Antwort
von Mag. Andreas Ittner am 30. Mai 2011
Mag. Andreas Ittner

Sehr geehrter Herr Bastir!

Da Ihre Frage nicht in den unmittelbaren Zuständigkeitsbereich von OeNB-Gouverneur Nowotny fällt, sondern in mein Ressort „Finanzmarktstabilität, Bankenaufsicht und Statistik“, erlaube ich mir die Beantwortung Ihrer Frage zu übernehmen.

Einer der Hauptgründe dafür, dass die letzte Wirtschafts- und Finanzkrise ein so hohes Ausmaß annahm, war die übermäßige Fremdverschuldung im Bankensystem. In der schlimmsten Phase der Krise verlor der Markt das Vertrauen in viele Geldinstitute. Die Probleme des Bankensektors griffen rasch auf das übrige Finanzsystem und in der Folge auf die Realwirtschaft über. Schlussendlich waren staatliche Eingriffe notwendig, um einen Zusammenbruch zu verhindern.

Grundsätzlich ist daher ein Mehr an Sicherheit auf den Finanzmärkten anzustreben. Allerdings gilt es auch zu bedenken, dass diese erhöhte Sicherheit nicht gratis ist, sondern dadurch Kosten bei den Banken anfallen. Demnach ist hier eine Kosten-Nutzen-Abwägung vorzunehmen. Diesbezügliche Reformen dürfen einerseits die Banken nicht überfordern, sodass diese weiterhin ihre Funktionen erfüllen können, andererseits müssen sie die den Banken- und Finanzmarksektor insgesamt widerstandsfähiger machen.

Die mit dem Begriff Basel III beschriebenen Empfehlungen des Baseler Ausschusses hinsichtlich der neuen Eigenmittelvorschriften für Banken stellen einen der zahlreichen Schritte in Richtung einer verstärkten Finanzmarktregulierung und -kontrolle dar. Konkret enthält das Regelwerk Basel III Richtlinien für eine qualitativ verbesserte Eigenkapitalbasis, wonach Banken künftig eine Eigenkapitalquote von 10,5% (Eigenkapitalquote 8 % + Kapitalerhaltungspuffer 2,5 %) erfüllen müssen. Hinzu kann noch ein antizyklischer Kapitalpolster von bis zu 2,5 % kommen, über dessen Umsetzungen die nationalen Bankenaufsichtsbehörden entscheiden Damit will der Baseler Ausschuss das Finanzsystem auf solidere Beine stellen, um es krisenfester zu machen. Neben diesen global umzusetzenden mikroökonomischen Regelungen wurde der makroökonomisch relevante Bereich der internationalen Finanzmarktregulierung erweitert. Auf europäischer Ebene wird künftig die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA, www.eba.europa.eu), die regulativen Aufgaben übernehmen und dabei eng mit dem Financial Stability Board (FSB, www.financialstabilityboard.org) zusammen arbeiten.

Alles in allem sind diese Bestrebungen zur Stabilisierung des Finanz- und Bankensystem durchaus als ambitioniert zu klassifizieren und werden von Oesterreichische Nationalbank (OeNB) stark befürwortet. Die OeNB hatte bereits in der Vergangenheit immer wieder darauf hingewiesen, dass die Eigenmittelquote österreichischer Banken im internationalen Vergleich niedrig ist. Daher plädiere ich dafür, dass Banken in den nächsten Jahren auf die Schaffung von Eigenkapital achten. Dies ist sowohl in ihrem eigenen Interesse und als auch im Interesse der Stabilität des Finanzplatzes Österreich.

Mit freundlichen Grüßen

Andreas Ittner

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