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Autor Peter Knauer am 16. Dezember 2011
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Geldpolitik, Zinsen, Inflation

Bereitstellungsgebühr für den Liquiditätsvorteil des Geldes

Wenn von der Nationalbank neues Geld durch Vermittlung der Geschäftsbanken in Verkehr gebracht wird, geschieht dies gewöhnlich kreditweise, und es werden Zinsen gezahlt, obwohl niemand gespart hat. Diese Zinsen könnte man als eine Art "Bereitstellungsgebühr" für den Liquiditätsvorteil des Geldes bezeichnen.

Der erste Kreditnehmer verwendet dieses Geld vielleicht noch am selben Tag zu einem Kauf. Das Geld mitsamt seinem Liquiditätsvorteil geht damit in andere Hände über, während der ursprüngliche Kreditnehmer für die ganze Laufzeit des Kredits Zinsen zu zahlen hat. Die Wege des Geldes mit seinem Liquiditätsvorteil und der Verpflichtung, Zinsen zu zahlen, haben sich also getrennt.

Der Verkäufer, der dieses Geld empfangen hat, kann es, falls er es übrig hat, am selber Tag erneut verleihen. Dieselbe Geldsumme kann also in nahezu der gleichen Laufzeit mehrmals mit der Verplichtung, Zinsen zu zahlen, behangen werden.

Es scheint bei zinsträchtigem Geld nicht möglich, das Phänomen von Zinseszinsen mit ihrer exponentiellen Kurve zu verhindern.

Meine Frage ist:
Wäre es nicht sinnvoller, Geld so einzurichten, dass die Verpflichtung zur Zahlung einer Bereitstellungsgebühr für seinen Liquiditätsvorteil immer mit dem liquiden Geld selber verbunden bliebe, also nicht alsbald getrennte Wege ginge?

Dies würde bedeuten, dass man für Kasse-Halten und damit für den Genuss des Liquiditätsvorteils diese Gebühr zu zahlen hätte. Wer sein Geld jedoch verleiht, befreit sich damit von dieser Verpflichtung, die auf denjenigen übergeht, der dieses Geld empfängt, und bei ihm bleibt, bis er seinerseits das Geld weitergibt.

Der Liquiditätsvorteil des Geldes (seine Austauschbarkeit gegen alle Waren und Leistungen auf dem Markt) kommt durch eine öffentliche Leistung zustande: durch den Staat, der das Geld in Geltung setzt und zum gesetzlichen Zahlungsmittel u. a. für Steuern erklärt, sowie durch alle diejenigen, die Geld annehmen und weitergeben.

Es ist deshalb sinnvoll, dass man für den Genuss des Liquiditätsvorteils des Geldes (den "monetary service stream") entsprechende Kosten trägt. Durch sie wird die sonst bestehende Privilegierung des Geldes gegenüber Waren und Leistungen kompensiert. Solches Geld wäre auf dem Markt nicht mehr privilegiert, sondern neutral und damit gerecht.

Dieses Geld mit einer mit ihm immer verbunden bleibenden Bereitstellungsgebühr würde keine Zinsen mehr bringen; man erhielte es nur nach Ablauf der Ausleihfrist in voller Höhe zurück.

Die Höhe der Bereitstellungsgebühr würde zur Feinregelung der Umlaufgeschwindigkeit des Geldes dienen können.

Die Wirtschaft würde aus dem ressourcenzerstörenden Wachstumszwang befreit.

Geld könnte als Wertmaßstab stabil bleiben, wie man es von jedem anderen Maßstab erwartet.

Es sei noch darauf hingewiesen, dass der Nennwert des Geldes eine Bestandsgröße wie km ist, während sein Mehrwert aufgrund seines Liquiditätsvorteils eine Stromgröße wie km/h ist. Der Liquiditätsvorteil des Geldes macht sich nur für denjenigen bemerkbar, der nicht unmittelbar existentielle Bedürfnisse befriedigen muss, sondern Geld eine Zeitlang erübrigen kann.

Technisch durchführen ließe sich die Einziehung einer Bereitstellungsgebühr für den Genuss des Liquiditätsvorteils
a) bei Girokonten durch eine automatische Abbuchung;
b) Banknoten wären vielleicht von Zeit zu Zeit gegen eine Gebühr gegen neue umzutauschen (hier gäbe es noch andere Möglichkeiten).

Verwandt werden könnte die Bereitstellungsgebühr für den Genuss des Liquiditätsvorteils des Geldes z. B. für Bildung, Klimaschutz, Entwicklungsbeistand.

Abgrenzung: Es handelt sich nicht um "negative Zinsen", weil die Bereitstellungsgebühr immer nur für die Zeit zu zahlen ist, in der jemand Kasse hält und damit den Liquiditätsvorteil des Geldes genießt.

Es handelt sich auch nicht um eine "Bestrafung" für Kasse-Halten, sondern darum, für den eigenen Genuss eines Produktes der Öffentlichkeit auch selber die Kosten zu tragen.

Die vorstehenden Gedanken entsprechen der Geldtheorie von Prof. Dr. Dieter Suhr (1939-1990); vgl. "Netzwerk neutrales Geld", http://userpage.fu-berlin.de/~roehrigw/suhr/nng.html (15. 12. 2011)

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