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Beantwortet
Autor Gerhard Kramler am 15. Juni 2011
28954 Leser · 44 Stimmen (-1 / +43) · 0 Kommentare

Geldpolitik, Zinsen, Inflation

Geldschöfpung und Zinsen

Sehr geehrtes Direktorium!

Betreffend die Geldschöpfung der Notenbanken kursiert die Kritik, dass bei der Geldschöpfung das für die Zinsrückzahlung nötige Geld nicht mit geschöpft wird, sodass zwingend weitere Kredite aufgenommen werden müssen, einfach weil zu wenig Geld in Umlauf ist um die Zinsen zahlen zu können. Dieses Spiel stetzt sich dann mit exponentieller Steigerung fort, bis es irgendwann zu einer Schuldenkrise kommt.

Meine Recherchen konnten diese Kritik nicht entkräften, auch die bisherigen Erläuterungen auf dieser Plattform (besonders relevant war http://www.direktzu.at/oenb/messages/24828 ) gehen nicht auf jenen Punkt ein den ich für den kritischen halte:

Meiner Ansicht nach müsste eine freie Geldschöpfung, damit meine ich eine welche die Rückzahlung der Zinsen ermöglicht ohne dass dazu zwangsweise ein Folgekredit aufgenommen werden muss, so erfolgen dass sowohl Kreditbetrag als auch dazugehöriger Zinsbetrag geschöpft werden. Der Zinsbetrag müsste dann, wie auch jetzt schon die Seigniorage, ausbezahlt werden -- und zwar nicht erst nach dem Eingang der Zinszahlungen sondern schon bevor diese fällig werden. Dies um zu verhindern dass rein mengenmässig systematisch immer zu wenig Geld in Umlauf ist um die Zinsschuld vollständig tilgen zu können.

Es geht also um die Frage ob Notenbanken auch das Geld für ihre Zinsforderungen schöpfen, und insbesondere um das Timing der Auszahlung dieses Geldes. Dazu hoffe ich hier auf die Kenntnisse eines Insiders.

Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Kramler aus Linz

+42

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Antwort
von Univ.-Prof. Dr. Ewald Nowotny am 25. August 2011
Univ.-Prof. Dr. Ewald  Nowotny

Sehr geehrter Herr Kramler!

Das von einer Zentralbank (direkt) geschöpfte Geldvolumen kommt nicht alleine durch Kredite an Geschäftsbanken in Umlauf. Die Schöpfung von Zentralbankgeld erfolgt ebenso durch Käufe von z.B. Gold, Devisen oder Wertpapieren. Durch solche Ankäufe von Aktiva gelangt zusätzliches Zentralbankgeld in den Geldkreislauf; ähnlich wie in der Refinanzierung der Banken kann es freilich durch den Verkauf von Aktiva diesem wieder entzogen werden. Den weitaus größten Anteil am ökonomisch relevanten Geldumlauf (definiert z.B. als Geldmenge M3 im Eurosystem) stellen überdies die Einlagen von Haushalten und Unternehmen beim Geschäftsbankensystem dar.

Es steht somit dem Geschäftsbanken einerseits Liquidität und andererseits Zentralbankgeld über die direkte Kreditgewährung der Zentralbank an das Geschäftsbankensystem hinaus zur Verfügung. Eine zusätzliche Kreditaufnahme bei der Notenbank, ausschließlich um die Zinsen an die Zentralbank bezahlen zu können, ist demnach nicht notwendig.

Wesentlich ist in diesem Zusammenhang auch, dass die Zinseinnahmen der Zentralbank durch die Gewinnausschüttung an die Eigentümer der Zentralbank fließen und auf diesem Wege wieder in den Geldkreislauf eingebracht werden. Im Falle der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) wird der Gewinn an die Republik Österreich, als alleinigem Eigentümer, übertragen und gelangt durch Budgetausgaben des Bundes wieder in die Wirtschaft bzw. in das Bankensystem.

Die von Ihnen geschilderte Problematik besteht in dieser Form also nicht. Für die Geschäftsbanken besteht aber natürlich die Aufgabe, das Geld für die von ihnen zu zahlenden Zinsen zu erwirtschaften, beispielsweise durch ihr Kreditgeschäft. Dieses Thema ist bereits in der, in Ihrer Frage erwähnten Antwort http://www.direktzu.at/oenb/messages/24828 von mir erklärt worden.

Mit freundlichen Grüßen

Ewald Nowotny

P.S. Dieses Thema wurde weiterhin auch in folgenden Antworten behandelt: http://www.direktzu.at/oenb/messages/30951 http://www.direktzu.at/oenb/messages/24905 http://www.direktzu.at/oenb/messages/25271 http://www.direktzu.at/oenb/messages/28555 http://www.direktzu.at/oenb/messages/30194 http://www.direktzu.at/oenb/messages/29525