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Beantwortet
Autor Margit Gál am 09. Mai 2011
22219 Leser · 31 Stimmen (-0 / +31) · 0 Kommentare

Sonstige

Preisstabilität in Anzeigen

Sehr geehrte Herren,
Als erstes finde ich nicht in Ordnung, daß Sie mit dem Geld der Steuerzahler Inserate schalten und dann noch solche, die in einem normalen Haushalt nicht als richtig empfunden werden. Sie wollen glauben machen, daß 1,8 % den Tatsachen entsprechen, was ja nicht der Fall ist. Bereits bei Einführung des Euro wurden alle jene Preise bei Nahrungsmitteln und Energie einfach nur kommaversetzt ausgepreist. Und jener Warenkorb, den Sie oder die Regierungen heranziehen nicht jenen Teil betrifft, den man wirklich zum Leben braucht: also Nahrungmittel, Energie und Miete. Es wäre schön, wenn Sie ehrliche Anzeigen schalten würden. Vielleicht würde dies die Politik der EU ebenso wie die des eigenen Landes zu einem positiveren Wirken ansprechen.
Mit freundlichen Grüßen
Margit Gál

+31

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Antwort
von Univ.-Prof. Dr. Ewald Nowotny am 29. Juni 2011
Univ.-Prof. Dr. Ewald  Nowotny

Sehr geehrte Frau Gál!

Ich bedauere sehr, dass unsere Schaltung zum Thema Preisstabilität nicht auf Ihre Zustimmung gestoßen ist. Ich möchte jedoch betonen, dass wir keine Werbung im klassischen Sinn finanzieren. Die Einschaltungen dienen nicht der Darstellung der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB), sondern sind vielmehr als Information für die Bevölkerung konzipiert – die Kosten dafür trägt die OeNB selbst.

Was die Messung der Inflation durch den Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) betrifft, möchte ich festhalten, dass dieser selbstverständlich auch die für private Haushalte so wichtigen Ausgaben für Lebensmittel, Energie und Mieten umfasst. Einen Überblick über die Preisentwicklung der im HVPI berücksichtigten Verbrauchsgruppen finden Sie hier: http://www.oenb.at/isaweb/report.do?lang=DE&report=6.3

Lassen Sie mich nun kurz auf die Zusammensetzung des Warenkorbs eingehen, da diese immer wieder kritische Anmerkungen im Zusammenhang mit der Inflationsberechnung hervorruft. Der Warenkorb von Gütern und Dienstleistungen ist ein Spiegelbild der Konsumgewohnheiten der Österreicherinnen und Österreicher und umfasst derzeit 790 Produkte und Dienstleistungen (wie etwa Kinderpyjama, Mobiltelefongebühren, Fahrräder, Mechanikerstunde, Extrawurst, Mittagsmenü, Herrenhaarschnitt, Husten- und Erkältungsmittel oder Friedhofsgebühren). Neben den von Ihnen bereits angeführten täglichen und wöchentlichen Bedarfsgütern wie Lebensmittel, Energie und Miete sind somit auch andere für Österreicherinnen und Österreicher relevante Ausgaben Teil des repräsentativen Warenkorbs.

Der Warenkorb ist selbstverständlich nicht willkürlich gestaltet. Seine Zusammensetzung basiert hauptsächlich auf Konsumerhebungen bei rund 8.000 Haushalten – die Ergebnisse werden dann auf alle österreichischen Haushalte hochgerechnet (es wird jedoch kein konkreter Haushaltstyp abgebildet). In Österreich ist dafür die Statistik Austria in Absprache mit einem Expertengremium und unter Nutzung weiterer Statistiken verantwortlich.

Die Preise der im Warenkorb enthaltenen Produkte und Dienstleistungen entwickeln sich unterschiedlich: einige steigen (stärker oder schwächer), andere verändern sich nur wenig und einige sinken auch. Es ist nachvollziehbar, dass Preiserhöhungen bei Gütern des täglichen Bedarfs stärker wahrgenommen werden und insbesondere Haushalte mit niedrigeren Einkommen stärker treffen. Diese Haushalte, die einen höheren Anteil ihres Einkommens für verteuerte Güter aufwenden, spüren die (gefühlte) Inflation somit stärker als andere Haushalte.

In diesem Zusammenhang möchte ich unterstreichen, dass die OeNB als Teil des Europäischen Systems der Zentralbanken (ESZB) dem Ziel der mittelfristigen Sicherung von Preisstabilität im Euro-Währungsgebiet verpflichtet ist. Es ist korrekt, dass wir derzeit höhere Inflationsraten beobachten. Diese sind in erster Linie durch die derzeit höheren Nahrungsmittel- und Energiepreise zu erklären. Dem hat man in der Geldpolitik des Eurosystems auch bereits mittels einer ersten leichten Zinserhöhung Rechnung getragen; gegebenenfalls wird man auch weitere Maßnahmen setzen, um mittelfristig die Preisstabilität zu sichern. Die OeNB erwartet bis zum Jahresende hin einen deutlichen Rückgang dieses energiepreisbedingten Preisauftriebs. In ihrer Prognose von Mitte Juni 2011 geht die OeNB davon aus, dass die am HVPI gemessene Inflation 2012 bei 2,1 Prozent und 2013 bei 1,9 Prozent liegen wird. Werte, die dem Preisstabilitätsziel der OeNB und des Eurosystems und dessen Umsetzung entsprechen. In den Jahren 1999 bis 2010 lag die Inflationsrate im Euroraum durchschnittlich bei 1,9 Prozent, in Österreich bei 1,7 Prozent. Damit hat der Euro seit seinem Bestehen den Schilling als stabile Währung noch übertroffen.

Abschließend möchte ich Sie noch auf das OeNB-Inflationscockpit hinweisen, das Ihnen u.a. einen Preisvergleichsrechner (http://www.oenb.at/apps/inflationscockpit/preisvergleichs...) und einen Warenkorbsimulator (http://www.oenb.at/apps/inflationscockpit/warenkorbsimula...) bietet mit deren Hilfe Sie Ihre persönlichen Konsumgewohnheiten gezielteren Preisvergleichen unterziehen können

Mit freundlichen Grüßen

Ewald Nowotny